Niemand hatte die Absicht, eine Anlage zu bauen.

Wie das? Unter einer Anlage versteht man eine wie auch immer geformte Gleiskonfiguration, auf der Züge herumfahren, teilsweise auch durch mehr oder minder gut gestaltete Landschaft.

 

Das wollte OOK nicht. OOK wollte eine Modell-Eisenbahn, und zwar ganz wörtlich: das Modell einer Eisenbahn, das ist etwas anderes.

 

Auf einer Eisenbahn fahren keine Züge herum, sie verkehren. Sie fahren von einem Ausgangspunkt zu einem Ziel, verkürzt von A nach B. Allein deswegen kann eine Modell-Eisenbahn keine Ringstrecke sein, sondern muss linear point-to-point verkehren. Dieser Anglizismus ist leider nicht ganz zu vermeiden, weil nur er genau die gemeinte Philosophie wiedergibt.

Schon die allererste Version der BAE war - wie könnte es anders sein - point-to-point (s. Streckenschema oben), nur dass diese lineare Strecke zu einer Spirale aufgewickelt war und daher die beiden Endpunkte direkt übereinander lagen.

Auf dieser Strecke konnten Züge von Braunlage nach Sonnenberg fahren und wieder zurück. Nichts anderes. Und sie konnten sogar, wenn wenigstens einer der beiden Züge kurz genug war - in Königskrug kreuzen.

Was heißt denn hier Philosophie?

Vor zwei Jahren hatte ich im Spur 0-Forum einen Thread eröffnet mit dem Titel "Meine ziemlich schmalspurige Modellbahn-Philosophie". In vier Posts hatte ich diese Darstellung mit zwanzig Abbildungen illustriert. Da dieser Strang in einer Art feindlicher Übernahme gekapert wurde und die Moderation nicht einschritt, habe ich ihn nicht mehr aktualisiert und in den Orkus des Forums verschwinden lassen.

Nun werde ich den ganzen Strang hierher kopieren, so dass er immer zu finden ist.

Also los:

Wo es nun endlich ein Unterforum Schmalspur gibt, will ich mal hier zum Besten geben, warum ich Schmalspur mache und warum ich sie so mache, wie ich sie mache. Genau so wie Bundesbahn nicht Bundesbahn ist, ist Schmalspur nicht Schmalspur. Für viele, wenn nicht für die Mehrzahl der Modellbahner (und auch der Nicht-Modellbahner) ist Schmalspur Synonym für klein, niedlich, hübsch, einfach, nicht ernst zu nehmen, anything goes, romantisch, allerliebst, kommt nicht so drauf an, etc.

 

Da bin ich nicht mit im Boot. Ich nehme Schmalspur genau so ernst wie andere die Regelspur. Ich versuche, Vorbilder so gut wie möglich nachzubauen oder nachzustelllen. Für mich hat Schmalspur nichts mit Romantik zu tun (was nicht ausschließt, dass es auch was Romantisches gibt, wie bei der Regelspur auch). Meine beiden Lieblingsbahnen Rhätische Bahn und Harzquerbahn sind alles andere als romantisch.

 

 

 

 

 

 

Hier ein paar Bilder von meinen Vorbildern:

Das zweite Bild ist von der Südharzbahn, die beiden anderen von der Harzquerbahn. Letztere ist nie eine Bimmelbahn gewesen (heutiger Zustand mal außer Acht gelassen), hatte Hauptbahncharakter mit hoher Zugdichte, schweren Zügen, durchgehend signalgesichert etc.
Die oben benannte mainstreamige Definition von Schmalspur hat zur logischen Folge, dass (zumindest in D) 0e wesentlich weiter verbreitet ist als 0m. Schweizer Gegebenheiten müssten gesondert betrachtet werden. Andersherum hat meine persönliche Auffassung von Schmalspur logischerweise zur Folge, dass ich 0m betreibe und nicht 0e.
Kommt hinzu, dass ich Teil meiner Jugend und frühe Erwachsenenjahre im Harz gelebt habe und die 1963 stillgelegte Südharzbahn noch in Betrieb erlebt habe. Die Harzquerbahn lernte ich 1974 beim 75-jährigen Jubiläum kennen.

 

 

 

Wie früher auch in H0 wollte ich eine Modellbahn, die eine leistungsfähige Eisenbahn darstellt, auf der was los ist, wo viel Tonnage bewegt und viele Reisende befördert werden. Da musste ich irgendwann bei 0m ankommen. Meine erste 0m-Anlage war in einem Kellerraum von 4,75 x 2,75m, nicht gerade viel. Die zweite war schon 35 qm groß, für die dritte = jetzige steht ein großer Kellerraum von ca. 9,5 x 8,2m zur Verfügung.

 

 

Oh làlà, höre ich da ringsum raunen, was hätte man bei dem Platz für eine wunderbare 0 Regelspuranlage bauen können. Hätte man gewiss. Aber schauen wir mal hin:

Bei 0m konnte ich einen Mindestradius von 1m ansetzen. Ein Meter, das sähe in 0 Regelspur aber sehr bescheiden aus. Aber nur mit diesem Minimalradius war es möglich, diese superlange Zunge mit der Kehre am Ende zu planen und zu bauen. Selbst da musste schon an einer Seite der Kehre die vernünftige Mindestbreite des Bedienerganges von 70cm um 10cm unterschritten werden (dicker roter Strich). In Regelspur hätte die Zunge allenfalls als Stichstrecke mit Kopfbahnhof (evtl. Spitzkehre) ausgeführt werden können.

 

 

 

 

Die Hauptstrecke hat jetzt eine Länge von 55m, ohne die Kehre wären es vielleicht 30.

 

 

Welche der drei meterspurigen Harzbahnen habe ich nun als Vorbild gewählt? Keine. Das ist nicht leistbar, weder von der Ausstattung der Stationen her noch von der Vielfalt der Fahrzeuge. Deshalb habe ich nach der Methode des prototype free-lancing eine vierte Meterspurbahn hinzuerfunden, die mit den anderen drei ein (erweitertes) Netz bildet, die Braunlage - Andreasberger Eisenbahn (BAE). Hier die Einbindung ins Harzer Meterspurnetz:

Jetzt einmal ein paar Bilder, die zeigen sollen, welche Kategorie von Bahn die BAE ist:

Der Hochharzexpress durchfährt, von Sieber kommend, die Dorfstraße von Schluft.

Der Güterzug hat soeben den Brechpunkt am Ende der langen 33‰-Steigung vor Oderteich erreicht. Gleich kann der Lokführer den Regler schließen.

Die eingeteilte Ts5 war an diesem Tag nicht einsatzfähig, so mussten zwei Dreikuppler den Job übernehmen, den Güterzug die Rampe durch die Eselsschlucht hinauf (ebenfalls 33‰) nach Sonnenberg zu befördern.

Ein Güterzug verlässt gerade Schlufterhütte, nachdem er dort sein Rangiergeschäft mit der Eisenhütte erledigt hat.

An einem anderen Tag sehen wir den Gütertzug in Schlufterhütte rangieren. Umsichtigerweise ist der Übergang zum Gleis 2 frei gehalten, sonst gäbe es für die Fahrgäste des Triebwagens ein Problem.

 

Man sieht, dass sie kein Bimmelbähnle ist, "kommste heut nicht, kommste morgen". Die Lokomotiven müssen hier richtig was leisten, denn einen Zug aus Messingwagen eine Steigung von 33‰ hochzuschleppen ist kein Kinderspiel. Bei der Vorgängeranlage BAE II hatten wir die Zahnräder einer Henke Ts5 und eines Triebwagens komplett abgefahren, so dass sie ersetzt werden mussten.

 

Bevor ich aber zu betrieblichen Details komme, nochmal ein Blick auf das System BAE:

Wie schon der Name der Bahn sagt, war die Ursprungsstrecke die von Braunlage nach St. Andreasberg. Später ist dann der Ast nach Sieber hinzugekommen, der Name ist geblieben. Aber durch die Verbindung nach Sieber ist eine neue meterspurige Harztransversale entstanden, die eine Menge Verkehr auf sich zieht, sowohl im Güter- als auch im Touristikverkehr.
Dann gibt es noch die Grubenbahn von Oderteich nach Charlotte-Elise. Die schließt zwar an die BAE an, gehört aber nicht zu ihr, sondern der Harzer Barytindustrie Dr. Albert Rudolphi. Da sie ebenfalls meterspurig ist, gibt es Wagenübergang, wowohl im Spatverkehr (Baryt = Schwerspat) als auch im nichtöffentlichen Personenverkehr (Beförderung der Bergleute zur Grube).

 


Der Betrieb
Wie man sich denken kann, verkehrt die BAE nach Fahrplan. Idealerweise müsste es einen generellen Fahrplan geben, der immer gilt. Das ist leider nicht praktikabel, da zu den Betriebstagen unterschiedlich viele Mitmacher kommen. Der Freundeskreis um die BAE besteht aus ca. einem Dutzend Modelleisenbahnern, die z.T. lange Strecken (über 200 km) anreisen, um beim Betrieb mitzumachen.
Die Mindestteilnehmerzahl ist fünf, sonst findet kein Betrieb statt, dann wird an der Anlage und an den Fahrzeugen gewerkelt.

 

Bei fünf Mitmachern gibt es drei Fahrpersonale (Triebfahrzeugführer und Zugführer in Personlaunion), einen Fahrdienstleiter am Abzweigbahnhof Sonnenberg und einen Zugleiter, der in einem besonderen Büro sitzt.

 

Ich habe unterschiedliche Fahrpläne parat, mit drei, vier und fünf Fahrpersonalen. Kommen noch mehr Mitmacher, dann wird der rangierintensive Nahgüterzug zweimännig besetzt, es kann ein weiterer Fahrdienstleiter in Sieber eingesetzt werden.
Hierüber werde ich in Kürze unterm Label Betrieb gesondert berichten.

Wichtige Harzer Industrien - Güterkunden der BAE• Der Harz war einst voller Bergwerke. Mindestens eins wollte ich daher auf der Anlage darstellen und dessen Förderung abfahren.

 

Eisenhütten und Hämmer waren ebenfalls sehr zahlreich, solange es heimisches Eisenerz gab. Später arbeiteten diese Hütten meist nur noch als Gießereien. Also auch ein Kandidat für die Darstellung auf der Anlage.
• In einem Waldgebirge waren Sägewerke allenthalben zu finden. Die meisten waren zu klein, um im Industriezeitalter bestehen zu können, andere wurden so groß, dass sie modellbanerisch nicht darstellbar sind. Aber: mindestens eins muss auf die BAE.
• Noch zahlreicher als Bergwerke und Sägewerke zusammen waren Steinbrüche. Einige hatten nur lokale Bedeutung, andere lieferten weltweit. Diese Wichtigkeit hat dazu geführt, dass es auf der BAE-Anlage drei unterschiedliche große Steinbrüche gibt, alle mit Gleisanschluss.
Hier ein paar Eindrücke von der Darstellung dieser typischen Industrien auf der Anlage:

Haupterze des Harzes waren Blei, Silber und Kupfer sowie vor allen Dingen Schwerspat (Baryt). Auf der Anlage dargestellt ist eine free lance Nachstellung der Grube Wolkenhügel der Barytwerke in Bad Lauterberg, hier als Grube Charlotte-Elise mit meterspuriger Grubenanschlussbahn.



In Wieda gab es früher eine große Eisenhütte, die tatsächlich auch Roherz verhüttete, später aber nur noch als Gießerei funktionierte. Außerdem gab es ein Hammerwerk, das als Museum noch erhalten ist. Ich fügte beide zusammen zur Schlufter Hütte. Hier das Hammergebäude mit funktionerenden Hammer.

Das Sägerwerk in Schluft hat kein konkretes Vorbild, ist aber typisch für die Gegend. Das Sägegatter ist eine so genannte Horizontalsäge (funktional). Hier wird ständig Stammholz an- und Schnittholz abgefahren.

Der Steinbruch Königskopf am Bahnhof Königskrug ist der größte der drei Steinbrüche auf der Anlage. Hier wird hauptsächlich Hornfels und Granit abgebaut.
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Weniger häufig und weniger bekannt waren die Holzschleifereien, die Holzschliff als Rohstoff für die Papierherstellung produzierten. Diese hier ist ein Nachbau der Schleiferei I von Sieber, die heute noch als Ruine vorhanden ist:

Kleinvieh macht auch Mist
Neben den großen Güterkunden mit (für eine Schmalspurbahn) hohem Frachtaufkommen gibt es die kleinen Allerweltskunden, für die die Bahn genau so lebenswichtig ist wie sie für die Bahn: Baustoff- und Kohlenhändler, Holzverlader, abseits der Bahn liegende Nutzer der öffentlichen Ladestraßen und Rampen. Hier ein paar Beispiele:

Die Fa. Koch in Oderteich versorgt die Ortschaft mit Hausbrandkohle, Zement, Ziegelsteinen, Düngetorf, Dachziegeln und Dachpappe etc.

Die Braunlager Fa. Diederich hat eine Dependance in St. Andreasberg, handelt aber nur mit Brennstoffen: zwei Sorten Kohlen sowie Briketts.

Das Rehberger Grabenhaus hat eine Dreifachfunktion. Ursprünglich als Wohn- und Werkstattplatz für den Grabenwärter des berühmten Rehberger Grabens (heute Unesco Welterbe) erbaut, kam bald eine Gaststättenfunktion hinzu, und seit die Andreasberger Strecke der BAE hier entlang führt, hat es auch die Funktion einer Agentur.
Der gut laufende Gaststättenbetrieb sorgt ebenso für Fracht am privaten Güterschuppen wie das Baumaterial für den Grabenerhalt.

Holzverladestellen gibt es an mehreren Bahnhöfen. Die in Sonnenberg hat sogar einen Überladekran ähnlich dem in Clausthal-Zellerfeld.

 

Die Bahnhöfe Schluft, Sonnenberg, Oderteich und St. Andreasberg haben bahneigene Güterschuppen für den Stückgutverlad sowie eine Rampe.
Ein relativ hohes Frachtaufkommen ist also sichergestellt, der tägliche Nahgüterzug daher meist bis zu zwölf Wagen lang.